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Nach zehn Jahren sind meine Homies 88:Komaflash zurück mit einer Bombe. Ich freue mich sehr, dass das Album "Eremiten im Wohnzimmer" endlich da ist, vor allem da ich den Werdegang über die letzten Jahre peripher verfolgen durfte. Anette Records sind mutig genug, das angeblich so "sperrige" Werk herauszubringen (diese Kategorisierung finde ich persönlich einen Schmarrn, denn was vor zehn oder zwanzig Jahren sperrig war, ist jetzt normal oder sogar hip oder sogar hop). Ich wünsche ihnen jedenfalls die Aufmerksamkeit, die sie verdient haben.
Von hier an ab...
Über das neue Album von 2econd Class Citizen, der bereits einiges auf Equinox Records veröffentlicht hat, ist schon viel Positives und Zutreffendes geschrieben worden. auch auf Französisch. Deshalb möchte ich nur ergänzen, dass das Album "A World Without" heißt, wahnsinnig cool ist und mitsamt T-Shirt als Doppel-LP oder CD bei HHV.de erhältlich ist.
2econd Class Citizen - A World Without
Das vierte Album der Überband Anti-Pop Consortium ist laut ihrem Label Big Dada ihr bestes, und ich kann dem insofern beipflichten, als dass in der Wiedervereinigung von Beans, M. Sayyid, Earl Blaize und High Priest nach sechs Jahren Pause kein Einbruch oder Nachlassen hinsichtlich Innovation und Coolness zu hören ist. Bei den Rappern und Produzenten wird viel experimentiert, und beim Hörer viel genickt. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass "Fluorescent Black" wieder einmal einen großen Einfluss auf die Rap-Avantgarde in aller Welt haben wird.
Erst vor ein paar Jahren bin ich auf Absztrakkt aufmerksam gemacht worden, der seither einer der wenigen Deutschrapper außerhalb meines musikalischen Umfeldes ist, den ich fresh für 200x finde. Seine Art zu reimen und seine Inhalte gefallen mir und ziehen mich oft in ihren Bann. Er verbindet Wortwitz und -spiele mit teilweise dunklen Geschichten und Empfindungen, und das hört man wieder einmal laut, leise und deutlich auf seinem neuen Album "Das Buch der drei Ringe".
Zum Zeitpunkt seines Erscheinens, nämlich 1993, ist das Album "Beyond Flavor" von Original Flavor voll an mir vorbeigegangen, dafür würdige ich die Platte nun umso mehr. Die MCs um Ski rappen abwechslungsreich und schnell, und die Beats haben auch ihren eigenen Charakter und sind nicht typisch für die damalige Middle School. So gefällt mir auch Jay-Z, der damals jung und aufstrebend war und auf zwei Songs zu hören ist.
Der Nachfolger von El-Ps letztem Album „Fantastic Damage” ist wirklich fantastisch und heißt "I'll sleep when you are dead". Darauf klingt er zwar oft ebenso pathetisch wie der Name des Albums, aber das ist auch gut so, und die zerstörerischen Beats tun ihr Übriges. Einzig und allein das Cover überzeugt mich nicht ganz.
Groundhog Day heißt die neue Maxi von Mayday!, bei der DJ Craze und Cee-Lo mit von der Partie sind. Während erstgenannter Gast leider etwas verhalten und kaum auffallend cuttet, dringen die Refraingesänge des zweiten doch tiefer ins Bewußtsein und die Gehörgänge vor und machen das jungledurchdrungende Stück zu einem Ohrwurm.
Vetternwirtschaft und Eigenwerbung ist nicht unbedingt meine Sache, aber bei diesem Hörtipp mache ich eine Ausnahme: Die neue CD von Audio88 heißt "Nahaufnahmen" und ist nämlich in der Tat eine Ausnahme. In einer Zeit, in der abstrakter und avantgardistischer Rap aus Deutschland dank Myspace immer angesagter wird, ragt der Berliner mit seinen Rundumschlagstexten wie ein Leuchtturm aus dem Wortmeer heraus. Da auf diesem Werk mit acht Liedern die Produzenten Aqua Luminus III., Deckard, Mnemotrauma und ich für die unterstützende Musik verantwortlich sind, ist auch für eine große abtrakte und melodische Musikvielfalt gesorgt. Wer lachen, weinen (und eventuell auch mal das Autoradio laut aufdrehen) will, dem sei diese CD ans Herz gelegt.
Kool Keith ist zurück und hat mal wieder die Identität gewechselt. In Anlehnung an sein Pseudonym Dr. Octagon hat er seinen Nachnamen gespiegelt und heißt jetzt Mr. Nogatco. Dieser Herr hat nun das Album "Nogatco Rd." herausgebracht, und das ist nur eins seiner vielen (angeblich fünf) neuen Alben. Es steht musikalisch und textlich seinem Paradealbum Black Elvis von 1999 sehr nahe. Die Beats sind aber alle ein Stück weiter und moderner. Manchmal hört man sogar die E-Gitarren lärmen. Der Höhepunkt des Werks ist der letzte Song, den der Reverend Tom zusammen mit sole und Sage Francis bestreitet. Da DiVinci dabei noch für die Produktion zuständig ist, ist der Track ein Knaller.
Nicht nur ähnlich wie, sondern sogar mehr als KRS-ONE hat NAS seine Straßenglaubwürdikeit verloren indem er viele seltsame Sachen und Lieder gemacht hat. U.a. hing er in einem Video als Jesus am Kreuz. Mit dem von mir erst jetzt gewürdigten Album "Street Disciple" von 2004 wird er zwar nicht in den Himmel der Rapinnovation fahren, aber dafür hat er einiges wieder gut gemacht. Ein Höhepunkt des Albums, das teilweise sogar newschoolige Töne anschlägt, ist das gemeinsame Lied "Bridging the Gap" mit seinem Vater Olu Dara, dem weltbekannten Jazzmusiker . Das ist richtig rührend.
Bereits im Jahr 2002 hat das Label Astralwerks "Constant Elevation" veröffentlicht, einen Sampler, auf dem sehr viele Instrumentale und wenige Rapstücke enthalten sind. Ich höre nicht oft reine Instrumentalmusik, aber diese Platte ist wirklich empfehlenswert. Ein mir unbekanntes Stück von APC ist darauf und auch ein richtiger Ohrwurm von El-P.
Mein neuer 9,95-Euro-Walkman muß es immer wieder abspielen: Das neue Haiku D'Etat Album "Coup de Theatre". Der Titelbegriff bezeichnet einen plötzlichen dramatischen Wendepunkt in einem Theaterstück, den die Mitglieder des Trios (Aceyalone, Mikah 9 und Abstract Rude) meiner Meinung nach schon längst vor dieser LP herbeigeführt haben. Anders als bei der letzten Aceyalone-Platte "Love and Hate" kann man sich beinahe jedes Stück ruhig ewig anhören, denn die verschiedensten Rapstile machen die interessanten Beats noch interessanter. Wenn zum Beispiel zu diesem Triumvirat noch Lyrics Born, Gifted Gab und Lateef hinzukommen, schlägt mein Herz höher als hoch, denn dann sind fast zwei Drittel meiner Top-10-MCs auf einem Track versammelt.
Bereits 2004 ist "5 Years in the Factory" von McEnroe herausgekommen, aber ich habe erst vor Kurzem in dieses und weitere Werke von ihm reingehört. Und der Rapper aus Kanada gefällt mir. Ungefähr in meinem Alter, erzählt er viel, was ich so nachvollziehen kann, und die Musik geht auch in meine Richtung.
88:Komaflash verteidigen die Zukunft. Und das mit einem Donnerschlag von einem Meilenstein von einem Album, das den selbstverständlichen Namen "Verteidigung der Zukunft" trägt. Wen nicht schon die Produktionen von Aqua Luminus III. oder die Texte von Omega Takeshi umhauen, der fällt spätestens bei den Wah-Wah-Cuts von Bowdee oder den Features von Sole (ja, richtig, der von von Anticon) auf die Knie. Die Jungs schlagen eine neue Richtung im Deutschrap ein, natürlich nicht erst seit kurzer Zeit, aber mit diesem Album wird das Potenzial erst richtig deutlich.
Mögen die Texte manchmal etwas trivialer oder dadaistischer sein, ich möchte trotzdem gerne so rappen können wie Busdriver, Aceyalone, Mikah 9, Abstract Rude, Riddlore und Konsorten. Wer sich die Compilation ihres Heimatlabels Project Blowed anhört, der weiß vielleicht warum. So jiggy bin ich und nicht mehr.
Sole's "Selling live water" lief vor zwei Jahren recht oft, als ich mit den 88:Komaflashjungs am Strand von Ko Phan Ngan abgehangen bin. Und auf meiner diesjährigen Tour wird mich höchstwahrscheinlich sein neues Album "Live from Rome" begleiten, das auch wieder kräftig in diesselbe Kerbe schlägt: Selbsthaß, Melancholie und Kritik auf brachiale Beats, so mag ich das.
MF Doom ist ein Phänomen: Man kannte ihn schon als Mitglied der legendären KMD-Truppe, und heutzutage ist er innovativer und produktiver denn je. Sein relativ neues Album "MMFood" sehe ich als das gelungenste seiner letzten Werke an. Jedes Lied hat zumindest namentlich mit Nahrungsmitteln zu tun, besticht durch den unverwechselbaren Doomcharakter, und keines ist ein Ausfall. Die LP oder CD ist auch mal wieder etwas für Leute, denen andere Tipps von mir zu experimentell sind. Kopfnickersound eben.
Für mich ist "Free Kamal" von Radioinactive und Antimc ein Musterbeispiel für aktuelle, innovative und inspirierende Rapmusik. Auf der 12 Tracks enthaltenden und auf MUSH erschienenen Langspielplatte suchen sich die beiden aus vielen Genres die coolsten Elemente, spielen Liveinstrumente zu den Samples ein und kreiieren ausdruckskräftige Texte.
Die geschätzten Subversiv Records haben wieder einmal eklektisch die Unmengen an amerikanischem Untergrundmaterial gesichtet und mit Plague Language Vol. 2 eine herausragende Compilation veröffentlicht. Es sind darauf einige Leute des Kollektivs zu hören, zu dem auch Noah23 gehört. Die melancholisch düstere Musik wird von Lichtgeschwindigkeitsraps komplettiert, die teilweise von weiblichen Wesen stammen, von denen zumindest Athena sich neben T-Love in meine Liste der besten Rapperinnen eintragen dürfte.
"Harvest" von Qwel und Maker ist gerade eben erst in meine Hände gelangt. Und auch wenn viele Drumloops schon sehr oft wiederaufbereitet worden sind und Qwel als halber Deutscher durchaus anzweifelbare patriotistische Neigungen entwickelt hat, gefällt mir die Platte ausgezeichnet. Fast jeder Song ist sehr ansprechend, vor allem "Network", wo's mir die Schuhe erstmal ausgezogen hat.
Kool Keith hat wieder eine Bombe rausgebracht. Er und Kutmasta Kurt fahren als Diesel Truckers durch die Gegend und haben auf dem Album fast keinen langweiligen Song. Textmäßig ist es so wie man es von Black Elvis gewohnt ist, aber noch einen Tick besser. Die Musik treibt und haut rein. Nur die Cuts sind ziemlich babyisch.
Das Münchner Label hat nun endlich sein erstes Vinylrelease vorzuweisen. Bei diesem handelt es sich um einige ausgewählte Stücke der Promo-Compilation "Welcome to the Neo Golden Age - A Sound Exposure Vol.1". Schon das ansprechende und durchdachte Design verspricht einen ebensolchen Inhalt. Diesen liefern aRCSIN, Emynd, Danny DeCock und Aqua Luminus III dann auch mit triphoppigen, athmosphärischen und wohlarrangierten Instrumentaltracks. Die Releaseparty, bei der DJ Scientist einige Tracks gespielt hat, hat gezeigt, daß man auch gut darauf tanzen kann. Es geht aufwärts mit der deutschen Labelszene.
Die "Champion EP" von Brother Ali kann man wie den letzten Hörtipp auch dem vorschlagen, der sich bei meinen typischen Favoriten wie Anticon an den Kopf greift. Was allerdings nicht heißen soll, daß die Platte nicht "fresh" ist. Am Gegenteil ist sie sehr gelungen; man kann sich ruhig jedes Lied anhören.
Gestern bekam ich die "Eindringlicht" betitelte EP von 88:Komaflash endlich auf Vinyl, nachdem ich die Demo bereits auf CD-R besitze. Und ich empfehle sie nicht, weil die Jungs supergute Freunde von mir sind, sondern weil die Platte dokumentiert, daß man deutschen HipHop zum Teil wieder kaufen kann. In diesem Falle hier.
Durch ihre Maxi "Salami Fever" habe ich Pepe Deluxe zum ersten Mal wahrgenommen, obwohl sie z.B. durch den Soundtrack für Levi's schon ziemlich bekannt sind. Das Album "Beatitude" ist sehr abwechslungs- und facettenreich. Ich fühl mich wohl beim Anhören.
Diesmal möchte ich ein instrumentales DJ-Album namens "Some of My Best Friends Are DJ's" vorschlagen, bei dem der Focus mehr auf Variablität und Musikalität als auf Technik liegt. Kid Koala hat sehr variantenreiche Songs kreiert, bei denen das Zuhören Freude macht. Angeblich sortiert er ja seine Platten nach Instrumenten.
Ein wenig verspätet empfehle ich das neue Album "Seed to sun" von Boom Bip, das schon vor einiger Zeit veröffentlicht wurde. Vor allem das Feature "Mannequin Hand Trapdoor I Reminder" mit Dose One ist herausragend.
Das neue Album von Buck 65 heißt "Square" und läuft seit gestern bei mir permanent. Selbst der härteste Undergroundverfechter kann da nicht sagen, es würde sich nach den Warner Bros. anhören, die Bucki vor nicht allzu langer Zeit angeheuert haben. Er macht wieder einmal alles selbst, er rappt, produziert und cuttet, und das auf eine sehr sympatische Weise. Ich kann es nur empfehlen.